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Neuraltherapie

Einführende Informationen zur Neuraltherapie nach Huneke

Das Wichtigste (für Therapeuten + Laien im Fachjargon) knapp und bündig: Die Neuraltherapie nach Huneke ist ein im Grunde über 100 Jahre in der Medizin bekanntes Verfahren zur therapeutischen Beeinflussung körpereigener Regulationsvorgänge. Im Wesentlichen wirkt sie durch Einflüsse auf das unwillkürliche autonome sympathische und parasympathische Nervensystem sowie auf das Zwischenzellgewebe, die sog. Extrazellular-Matrix.

Der Chronifizierung von akuten gesundheitlichen Störungen geht häufig die Entstehung subklinisch (symptomlos oder symptomarm) verlaufender, mit Entzündungen einhergehender neuronaler Herde voraus. Solche Herde, auch „Störfelder“ genannt, bilden sich z.B. im Bereich der Zahn-Kieferregion, der Nebenhöhlen, der Rachenmandeln, des Darmes oder andernorts und irritieren / reizen anhaltend das autonome Nervensystem. Eine oder mehrere solcher lokal aktiven Reizzonen1 wirken sich ungünstig auf die Durchblutung und die nervale Steuerung aus, führen zu einem chronischen Stoffwechseldefizit und verändern das Milieu des sympathisch versorgten Zwischenzellgewebes. Dieser hochaktive extrazellulare Raum zeichnet sich durch einen ständiger Stoffaustausch, Informationstransfer und eine Informationsverarbeitung2 in hoher Dichte aus. Chronizität neuronaler Reizzonen, „silent“3 Inflammation und chronische Mikrozirkulationsstörungen bilden eine wesentliche konzeptionelle Grundlage zur individuellen Chronifizierung von Krankheiten: Die akute Konfrontation mit Krankheitserregern oder anderweitigen pathogenen Einflüssen, die ohne Vorbelastungen gut bewältigt werden könnte, geht nun über in einen anhaltenden Krankheitsprozess. Anders gesagt: Solche Reizzonen mindern die Fähigkeit des betroffenen Organismus, kompensatorisch krankmachende Einflüsse physiologisch "abzufedern", zu kompensieren.4

Die Neuraltherapie ermöglicht nun durch die pharmakologischen Eigenschaften von Procainhydrochlorid (u.a. sympathikolytische, durchblutungsfördernde und membranstabilisierende Effekte) eine Aktivierung stoffwechselarmer Zonen als auch eine Normalisierung der Reizzonen. Durch die Rückführung der überhöhten Impulsleistung des autonomen Nervensystems auf sein normales physiologisches Modulationsniveau ("Reset“ neuroplastischer Veränderungen im Herdbereich) und Verbesserung der Mikrozirkulation kommt es zu einer Regeneration der nachgeschalteten Gewebe / Organbezirke.5 Stille Entzündungsprozesse werden herunterreguliert und reparative wie immunologische und zelluläre Heilungsprozesse gefördert. Voraussetzung für diese Heilwirkung ist die Identifizierung der ein Krankheitsbild unterhaltenden „neuralen Störfelder“ sowie die gezielte Injektion von Procain an / in diese Reizzonen bzw. damit verschalteter übergeordneter autonomer Nervenganglien. Gerade die kurze Wirkdauer dieses speziellen regulativ wirkenden „Heilanästhetikums“ Procain ermöglicht einen neuroplastischen „Reset“ bei bester Verträglichkeit. Dadurch werden die Selbstheilungskräfte gestärkt und durchgreifende Therapieeffekte erzielt.


  1. Reizzonen als „autonom nervale Engramme mit anhaltender pathogener Impulsleistung“. Solche neuroplastischen Vorgänge sind inzwischen nicht nur im Bereich der Hirnneurone, sondern auch im sympathischen Nervensystem (ganglionic long-term potentiation, gLTP) als reizinduzierter Vorgang wissenschaftlich nachgewiesen: Alkadhi KA, Alzoubi KH, Aleisa AM. Plasticity of transmission in autonomic ganglia. 1Department of Pharmacological and Pharmaceutical Sciences, University of Houston, Houston, TX 77204-5515, USA
  2. In diesem Raum findet nicht nur der Stoffaustausch zwischen Kapillare und Zelle statt. Hier sind auch das pluripotente Immunzellen und das Immunsystem, die für Informationsleitung schnell anpassungsfähigen Proteoglykan-Netze oder eine Vielfalt epigenetisch gesteuerter Signalpeptide / Zytokine beheimatet
  3. Silent bedeutet „leise“, also ohne spürbare merkliche Symptome
  4. Das Stressmodell von H. Seyle zeigt exemplarisch genau diese Regulations- und Kompensationsmechanismen sehr anschaulich. Es liefert ein Konzept nicht nur zum Verständnis von körperlichen Krankheiten, sondern auch zur Verzahnung psychischer und körperlicher Einflüsse in der Verarbeitung von „Stressoren“ und anderen pathogenen Einflüssen
  5. sympathikolytisch wirkende lokal infiltrierte Anästhetika können über die extrazelluläre Matrix teils in Sekundenschnelle zur Normalisierung der Mikrozirkulation mit abschwellender und schmerzreduzierender Wirkung führen